Bonifatius-Wallfahrt

Aufbruch: Sich zum Grab des Bonifatius auf den Weg machen …

1. Die Wurzeln im Blick

Vita des Bonifatius: Er hat seine Heimat verlassen, ohne diese Wurzel aufzugeben. Wenn wir seinen Spuren folgen, so können wir uns selbst besser und tiefer verstehen lernen.
Sich auf den Weg machen heißt,  an den Anfang gehen.
Sich an den Anfang des Lebensweges begeben heißt, sich einigen Fragen stellen:

  • Woher komme ich?
  • Wie war mein Anfang im Leben?
  • Welche Wurzeln habe ich?

Machen wir uns auf den Weg, wie bereits Bonifatius sich auf den Weg gemacht hat.


2. Begleiter auf meinem Weg

Vita des Bonifatius: Er ging den Weg nicht alleine, hat immer wieder Weggefährten gesucht, gefunden, sich von ihnen getrennt und neue Weggefährten gefunden.

Sich auf den Weg machen heißt: Begleitet sein.

Sich auf den gemeinsamen Weg gehe heißt, sich einigen Fragen stellen:

  • Wer begleitet mich aktuell im Leben?
  • Wer hat mich begleitet im Leben und ist nun bereits verstorben?
  • Welche Verbindungen habe ich zu Lebenden und Toten?

Machen wir uns weiter auf den Weg, wie bereits Bonifatius sich auf den Weg gemacht hat.


 

 

3. Integrationen im Leben 

Hier schließt sich die Prozession mit einer anderen Prozession zusammen. Es gelingt nicht immer gut, dass sich in eine bestehende Struktur neue Menschen integrieren.
Bonifatius ging es ähnlich: Er hat immer wieder versucht, Menschen miteinander im Glauben zu verbinden. Nicht immer ist es gelungen, aber er hat nie aufgegeben.
Sich auf den Weg machen heißt: immer wieder neue Verbindungen aufnehmen

Sich auf einen verbindenden Weg machen heißt, sich einigen Fragen stellen:

  • Wo gibt es gelungen und misslungene Verbindungen auf meinem Lebensweg?
  • Wo müssen wir Menschen aufgrund ihres Todes die Verbindung zurücklassen?
  • Welche Menschen gehen unseren Weg nicht mehr mit, sind aber in unserem Herzen noch lebendig?

Machen wir uns weiter auf den Weg, wie bereits Bonifatius sich auf den Weg gemacht hat.


4. Verlust eines Kindes

Die Vita und Zeit des Bonifatius waren geprägt von Todesgefahren. Gefährlich war in der Zeit des Bonifatius, sich auf einen Weg zu machen. Aber nicht nur damals, sondern viele Jahrhunderte hinweg waren  Kindersterblichkeit und Abschied, weil Menschen im Krieg und Lebenskampf umkamen, eine zentrale Gefahr.  Mütter waren diejenigen, die sehr darunter gelitten haben, ihre Kinder zu verlieren, ob im Krieg oder im Mutterleib.

Sich auf einen gefährlichen Weg machen heißt: Sich dem Leben stellen.

Sich auf einem leidvollen Weg stellen heißt, sich einigen Fragen stellen:

  • Welches Leid, welchen Verlust und Tod musste ich tragen und ertragen?
  • Was trage ich immer noch in meinem Herzen
  • Was für Leid anderer Menschen rührt mich an und drückt mich?


5. Mütterlichkeit in mir

Für Bonifatius war die Marienverehrung ein wichtiger Punkt in seiner Zeit und seinem Leben. Maria, war die Begleiterin dieser eher von Männern geprägten Pilgerfahrt durch das Leben. So können wir uns fragen, welche weibliche Hilfe wir über Raum und Zeit hinweg erhoffen und als Begleitung auf dem Weg durchs Leben haben.
Sich auf einen von Männern dominierten Weg machen heißt: welche weiblichen, mütterlichen  Begleitungen finde ich im Leben?
Sich auf einem männlichen und weiblichen Weg stellen, heißt, sich einigen Fragen stellen:

  • Was rührt mich im Herzen: Männlichkeit oder Weiblichkeit, je nachdem welches Geschlecht ich habe?
  • Welche Frauen haben mich in meinem Leben geprägt oder beeindrucken mich aktuell?
  • Welche begnadeten Menschen sind mir Begleiter, Vorbild und Beispiel auf meinem Weg?

Machen wir uns weiter auf den Weg, wie bereits Bonifatius sich auf den Weg gemacht hat.


6. Von Pausen und Kraftquellen

Bonifatius musste immer wieder Pausen machen. Er hat sich zeitweise längere Zeit aufgehalten, um Kraft zu schöpfen für seinen weiteren Weg.
Sich auf einen weiten Weg zu machen heißt: Pausen einplanen, um Kraft zu haben.
Sich auf einen anstrengenden Weg zu machen heißt, sich einigen Fragen zu stellen:

  • Wie gehe ich mit meinen Kräften um?
  • Welche Ressourcen und Kraftquellen haben ich?
  • Woraus schöpfe ich immer wieder Kraft in meinem Leben, gerade, wenn ich geliebte Menschen verloren habe?

Machen wir uns weiter auf den Weg, wie bereits Bonifatius sich auf den Weg gemacht hat.


7. Umwege im Leben

Von Zeit zu Zeit musste Bonifatius auch Umwege gehen, wir stehen hier und müssen sehen, dass der Weg nur für bestimmte Formen der Bewegung möglich ist. Wir müssen also einen Umweg fahren, wenn wir bequem weiterkommen wollen. Bonifatius hat immer einen abgesicherten Weg gesucht und gefunden. Wir werden jetzt auch umkehren, ein Stück des Weges zurückfahren und auf die alte Heeresstraße fahren, die vermutlich Bonifatius gegangen ist, wenn er von Mainz nach Fulda ins Kloster ging.

Auf diesem Weg können wir uns einige Fragen stellen, gerade dann, wenn wir Umwege gehen müssen.
Sich auf einen Umweg  zu machen heißt: manches Stück im Leben wiederholt leben und gehen.
Sich auf einen Umweg zu machen heißt, sich einigen Fragen zu stellen:

  • Waren alle Umwege wirklich Umwege oder nur andere Wege?
  • Welche Umwege haben mich auf den vertrauten Weg zurückgeführt?
  • Wo sind vertraute Wege für mich zu Umwegen geworden, die mich abgebracht haben von neuen Wegen, gerade nach Zeiten, wo wir um einen geliebten Menschen trauern?

Machen wir uns weiter auf den Weg, wie bereits Bonifatius sich auf den Weg gemacht hat.


8. Wirkungen im Leben
Der Umweg kann zugleich zu einem neuen Weg werden. Bonifatius hat immer wieder auf vertrauten Wegen doch Neues gesucht. Wir stehen hier vor einem Ort, der zum Beispiel wird für das, was Bonifatius geschafft hat: Die Propsteien, hier Johannesberg, sind Beispiele, dass der gemachte Anfang immer mehr Raum brauchte. Vom Kloster Fulda aus, mussten neue Klöster und später Propsteien gegründet werden. Es ist das Zeichen dafür, dass ein kleiner Anfang große Wirkung haben kann. Wie ist das in unserem Leben.

Sich auf einen unbekannten Weg  zu machen heißt: nicht zu wissen, was kommt.

Sich auf einen fremden Weg zu machen heißt, sich einigen Fragen zu stellen:

  • Wo haben keine Anfänge eine große Wirkung gehabt in meinem Leben?
  • War ich immer auf Erfolg und Größe ausgerichtet?
  • Welche neuen Gesichtspunkte haben mich immer wieder gezeigt, dass auch nach einem Verlust das Leben neue und andere Formen findet.


9. Meine Arbeitswelt
Der Heilige Bonifatius hat Orte gesucht, wo kirchliches Leben gut abgesichert war durch Landwirtschaft, um das Leben zu sichern, das die Mönche im Kloster gelebt haben. Heute sind dort, wo früher Feld war, Fabriken und Arbeitsstätten. Sie erinnern, dass wir genug zum Leben brauchen.

Sich auf den Weg im Leben durch Arbeit abzusichern heißt: genügend zum Leben zu haben.
Sich auf einen arbeitsreichen Weg zu machen heißt, sich einigen Fragen zu stellen:

  • Was brauchen wir wirklich zum Leben und müssen es durch unser Hände Arbeit verdienen?
  • Was ist, wenn wir nicht genug zum Leben haben, keine Arbeit haben, die unser Leben absichert? Woher kann Hilfe kommen?
  • Wer durch den Tod eines geliebten Menschen in wirtschaftliche Not gerät, woher kommt ihm Hilfe?

Machen wir uns weiter auf den Weg, wie bereits Bonifatius sich auf den Weg gemacht hat.


10. Trauer im Leben

Bonifatius hat durch die Gründung des Klosters auch die Stadt Fulda gegründet. An dieser Stelle war einmal ein mittelalterliches Stadttor, das man beiseite geräumt hat, damit es zur Einfallstraße werden kann. Hier beginnt Leben, hier leben Menschen tagaus, tagein. Wenn die Prozession durch diese Straße zieht, dann haben die Glocken der Heiliggeistkirche geläutet und die schlafenden Menschen geweckt und gesagt: Jetzt kommen die Pilgernden zum Grab des Heiligen Bonifatius.

Sich auf den Weg einer Pilgerschaft zu machen heißt: ein Stück des Lebens anderen, wie ein Spiegel vorzuhalten.

Sich auf den Pilgerweg zu machen heißt, sich einigen Fragen zu stellen:

  • Wo habe ich durch meine Art zu leben andere hinterfragt, wie sie leben? Gerade Trauernde sind solche Provokationen!
  • Wo haben mich Trauernde gestört oder wo habe ich versucht als Trauernder den anderen Menschen etwas vorzumachen?
  • Was hat mich am Leben anderer auf eine neue Spur für mein Leben gebracht?

Machen wir uns weiter auf den Weg, wie bereits Bonifatius sich auf den Weg gemacht hat.


11. Was für Spuren haben Menschen hinterlassen
Schaut man auf den Dom, auf das überbaute Grab des Bonifatius, dann sieht man einen großen Platz, der leer ist. Er war kurze Zeit nach Bonifatius mit einem Atrium, einem Paradiesgarten, einem Vorbau bebaut. Hier traten Menschen ein, um sich vorzubereiten auf das, was dann kommt: der Begegnungsraum des Menschen mit Gott oder das, was es auch sagt: die Kirche.

Diesen Vorraum hat man in der Barockzeit abgerissen, um im Zeitgeist angemessener, neu und kostspielig zu bauen. Aber dieser Vorraum ging verloren, hat Platz geschaffen, aber hat zugleich den Vorraum zu dieser Begegnung von Mensch und Gott „abgeschafft“.

Sich auf den Weg in die Begegnung mit Gott zu machen heißt: Zeit und Raum haben, sich darauf vorzubereiten

Sich auf das letzte Stück des Lebensweges zu machen heißt, sich einigen Fragen zu stellen:

  • Wer einen geliebten Menschen seinen letzten Weg gehen lässt, was erhofft er für diesen Menschen?
  • Wenn der eigene Lebensweg in die Jahre gekommen ist, eine Krankheit oder das Alter die Richtung des irdischen Lebens zu Ende gehen lässt, wo wird der Weg hinführen?
  • Welche Begegnungsräume Mensch und Gott haben wir erlebt und schöpfen daraus Hoffnung für unser Leben, egal, wie lange es noch dauert?

Warten wir auf dem Weg, wie bereits Bonifatius auf seinem Weg gewartet hat, bis die Tür in der Begegnung mit Gott sich öffnet hat.

11.1 Warten und hören


12. An der Bonifatiusgruft
Wir haben unseren Weg in Etappen genommen, wie wir im Leben und im Alltag immer wieder Etappen haben, die uns zeigen, welchen Fragen wir uns stellen müssen.

  1. Jede und Jeder fängt einmal klein an, hat Kindheit und Jugend, muss sich fragen, wo er herkommt.
  2. Jede und Jeder geht den Weg nicht alleine, hat andere Menschen, die ihn begleiten und muss sich fragen, sind es die richtigen Begleitungen?
  3. Jede und Jeder muss sich im Leben in das Leben mit anderen integrieren und daher die Frage stellen, ob es immer gute Verbindungen sind.
  4. Jede und Jeder hat schmerzhafte Verluste im Leben und muss sich die Frage stellen, wie halte ich das Leid aus?
  5. Jede und Jeder begegnet seinem Geschlecht und dem anderen Geschlecht und muss sich fragen, was das andere Geschlecht ihm sagen will?
  6. Jede und Jeder braucht Pausen im Leben, um Kraft zu schöpfen und muss sich die Frage stellen, ob die Ressourcen ausreichen, den Weg durchs Leben zu gehen.
  7. Jede und Jeder geht Umwege und muss sich die Frage stellen, ob es wirklich Umwege sind oder nicht neue Wege.
  8. Jede und Jeder sieht Erfolge im Leben und muss sich die Frage stellen, was ist wirklich wichtig in meinem Leben?
  9. Jede und Jeder muss für sein Leben arbeiten und daher die Frage stellen, ob das Verhältnis von Arbeit und Muße in einem ausgewogenen Verhältnis steht.
  10. Jede und Jeder hinterfragt durch sein Leben das der anderen und muss sich die Frage stellen, ob es anderen hilft.
  11. Jede und Jeder muss Verluste im Leben hinnehmen und muss sich die Frage stellen, welche Hoffnung haben wir für unsere Toten.



Probeaufnahmen des Bonifatiusliedes (Strophe 15 und 16)