Nikolaus in Zeiten von Corona

Eine „Gute Geschichte“ von Werner Gutheil

Als Corona losging, hatte Nikolaus gerade seine „Erholungsphase nach seiner Weihnachtsaktion“. In den Geschäften wurde er abgelöst durch den Osterhasen. So bekam er nicht so richtig mit, dass er bereits seit der 1. Welle von Corona zur Hochrisikogruppe gehörte. Als er anfing sich auf seine Aktion vorzubereiten, merkte er, dass es dieses Jahr schwierig werden würde und er selbst kaum die Aktion durchführen konnte. Lebte er doch im 3. Jahrhundert, war also im 3. Jahrtausend seine gut 1.700 Jahre alt. Also startete er im Himmel einen Rundruf und suchte nach Ersatzhelfende. Die Ausbeute war gering und die Ausreden ausgiebig: Man sei mit der Vorbereitung eines Jubelfestes für die Zeit nach Corona beschäftigt oder schließlich wäre der Einzelhandel für diese Aktion zuständig und man wolle sich dem nicht zur Verfügung stellen. Zuletzt meinte man, dass seit der Erfindung des Cola-Nikolauses, es mit Religion und Kirche nichts mehr zu tun habe.

Nikolaus war enttäuscht, dass er keinen Helfenden fand. So schaute er von seiner Wolke herab und beobachtete, dass es da Menschen auf der Erde gab, die für andere Einkaufen ging oder andere, die sich um Leute in ihrer Nachbarschaft kümmerten, die in der 2. Welle in Quarantäne mussten, nur weil sie mit jemanden in Kontakt waren, die positiv Getestet waren, sie selbst aber nicht positiv mit Corona infiziert waren.

So überlegte er, ob nicht diese Gruppe von einfachen Menschen ihn bei seiner Aktion unterstützen könnten, natürlich unter Corona gemäßen Bestimmungen.

Was ihn immer schon geärgert hatte, dass er bereits im August vermarktet wurde, kam ihm jetzt anders vor.

Er dachte sich: Wenn sich die Menschen in Zeiten von Not helfen würden, wenn gleichsam Weihnachten und das Nikolausfest im Grund dadurch ganzjährig zur „Aktion für andere“ wird, dann stellt sich die Frage: Warum seine Aktion nicht zur ganzjährigen Hilfsaktion im Blick auf andere machen.

Er beauftragte zugleich die himmlische Marketingabteilung damit ein gutes Konzept zu erstellen, dass die Corona Regeln berücksichtigt, aber vor allem die Hilfe für andere im Umfeld in den Blick nahm.

So vertraute er darauf, dass dieses Marketingkonzept schnellstens geschrieben wurde, aber wie das halt so im Himmel ist, wo Raum und Zeit keine Rolle spielte, er wartete immer noch.

So kam es, dass im Jahr 2020 eine andere Konzeption für die Nikolausaktion von den Menschen umgesetzt wurde, die so wenig oder gar nichts mit Kirche und Religion zu tun haben. Nikolaus versuchte noch, sie einzubinden, aber sie waren bereits so in ihrer Hilfe bei den Menschen, dass sie kaum merkten, was das mit dem Nikolaus und mit dem Gebot der Nächstenliebe zu tun hat.

So kam es, dass der Cola-Nikolaus, der sonst auf den Weihnachtmärkten als Abklatsch des Heiligen Nikolaus in roten Sackleinen herumlief, in diesen Jahr sich nicht mit Kindern ablichten ließen oder „hohoho-schreibend“ durch die Gassen liefen.

Für Nikolaus war das so o.k.. Für alle, die es umsetzten schon lange. Wann es im Himmel ankommt in den höheren Rängen, war für ihn nicht wichtig, Hauptsache die Menschen helfen sich gegenseitig und bekommen in Not geholfen.

Am Ende wird sich zeigen, was Nikolaus für Spuren der Nächstenliebe in diese Welt bringt und nicht, wer es oder was für kirchliches Referat oder himmlische Heiligenabtteilung es zu verantworten hat. Aber das wird noch einige Jahrhunderte, wenn nicht sogar Jahrtausende dauern. Gut, dass die Zeit in der Ewigkeit keine Rolle spielt.